Pläne für Nordroute unsicher

Turbulenter Saisonstart am Mount Everest: Lager 1 und 2 teilweise zerstört

Während in den Alpen die Wandersaison gerade beginnt, laufen am Mount Everest die letzten Vorbereitungen auf Hochtouren. Nicht ohne Komplikationen: Während die verbliebenen Expeditionen an der tibetischen Nordseite zuletzt erneut einen Dämpfer erhielten, wurden auf der Südseite des Berges Teile von Camp 1 und 2 durch starke Winde zerstört. Unterdessen wurde eine neue Methode zur Bewältigung des Müllproblems vorgestellt.

Turbulenter Saisonstart am Mount Everest: Lager 1 und 2 teilweise zerstört
© IMAGO / Pond5 Images

Norrdine Nouar auf Camp 2 angekommen

Wie er uns soeben live per SMS mitteilte, hat der deutsche Alpinist Norrdine Nouar das zweite Lager an der Everest-Südseite erreicht. Der im Allgäu lebende Bergsteiger plant für die nächsten Tage weitere Rotationen zu Camp 3 und 4. Nach dem Gipfelerfolg an der Annapurna plant Nouar auch hier eine Besteigung ohne Flaschensauerstoff.

Hier könnt ihr den Versuch live mitverfolgen: share.garmin.com/NorrdineNouar

Update vom 03.05.2024 | Camp 1 und 2 zerstört

Die Vorbereitungen für die Expeditionen am höchsten Berg der Erde liefen in diesem Frühjahr eher holprig an. Nachdem die Icefall Doctors bereits mit dem Auffinden und Sichern einer Route im gefährlichen Khumbu-Eisbruch kämpften und die chinesische Regierung den Zugang zur tibetischen Nordseite verzögerte, gab es zuletzt einen erneuten Dämpfer für alle Gipfel-Aspiranten. 

Wie das Portal explorersweb.com berichtet, machten starke Winde (70 - 90 km/h) viele Zelte in Camp 1 und 2 dem Erdboden gleich. Die Zerstörung ereignete sich genau zu dem Zeitpunkt, als die ersten Expeditionen ihre Akklimatisationsrunden dort beginnen wollten. Laut Seven Summit Treks ist vor allem Lager 2 mit etwa 40 zerstörten Zelten betroffen. Die Winde waren zwar erwartet worden, ihre Stärke und Dauer erwieses sich allerdings als intensiver als vorhergesagt. 

Noch bis Ende der Woche sollen Sturmböen die Hochlager im Griff haben, anschließend ist Schneefall prognostiziert. Somit verzögert sich der weitere Aufstieg um mindestens mehrere Tage. Auch die Transporte zu Camp 3 und 4 können nicht planmäßig stattfinden. Eine Heli-Belieferung sei derzeit keine Option, berichtet das Explorersweb mit Berufung auf einen Expeditionsanbieter. 

Endgültiges Aus für Everest-Nordroute?

Während auf der Südseite des Berges zahlreiche Expeditionen mit den Hufen scharren, wird es auf der tibetischen Nordseite immer einsamer. Nach wie vor verzögern die chinesischen Behörden die Öffnung der Grenze. 300 Permits wurden zwar vergeben, doch die Mehrzahl der Anbieter ist aufgrund des Zeitdrucks mittlerweile zur nepalesischen Normalroute gewechselt. 

Spekuliert wird derzeit auf ein Fenster von ca. drei Wochen, ein mehr als knapp bemessener Zeitraum. Nur noch einige wenige Teams harren derzeit in verkleinerter Besetzung unweit der Grenze aus. Das Basislager auf knapp 5200 Metern und das vorgeschobene Basislager seien bereits eingerichtet, berichtet Stefan Nestler auf abenteuer-berg.de. Zudem sei die Route bereits bis zum Nordsattel (7000 m) mit Fixseilen gesichert. Ein Rest Hoffnung bleibt.

Drohnen sollen zur Lösung des Müllproblems beitragen

Im Hintergrund des "Expeditionsgerangels" versuchen die nepalesischen Behörden weiterhin, das vieldiskutierte Müllproblem am Berg in den Griff zu bekommen. Bereits seit mehreren Jahren ist dafür auch immer wieder die Armee im Einsatz. Im vergangenen Jahr wurden so knapp 14 Tonnen Abfall vom Berg geschleppt. Die menschlichen Arbeiter sollen nun technische Unterstützung erhalten. 

Dank einer Sondergenehmigung werden diese Saison erstmals Drohnen zum Einsatz kommen. Unter anderem soll so Müll von Camp 1 (ca. 6000 m) ins Basislager (5300 m) geflogen werden. Bis zu 30 kg, also ebenso viel wie ein Träger, könne das Modell "FlyCart 30 Category-D" des chinesischen Entwicklers "Da-Jiang Innovation" aufnehmen. Laut Herstellerangaben ist die Drohne den Bedingungen am Berg gewachsen: Sie sei bis -20 Grad kälteresistent und könne bis auf 6000 Meter oder gar höher fliegen.

<p>Neben Abfällen werden auch immer wieder verstorbene Bergsteiger vom Everest geborgen.</p>

Neben Abfällen werden auch immer wieder verstorbene Bergsteiger vom Everest geborgen.

© IMAGO / NurPhoto

Ob die Technologie in Zukunft auch für den Transport von Gütern, Vorräten und Equipment eingesetzt werden kann, hängt wohl maßgeblich vom Test in der diesjährigen Saison ab. Sollte der Drohnenflug erfolgreich sein, müsste der gefährliche Khumbu-Eisbruch seltener durchquert werden. Allerdings würden damit viele Träger ihre Lebensgrundlage verlieren und ein Präzedenzfall für weiteren Flugverkehr am Berg geschaffen.

Denn bereits jetzt dürfen Versorgungshubschrauber bis auf Lager 2 fliegen, wie Der Standard berichtet. Begründet wurde dies mit dem verzögerten Saisonstart am Berg. In diesem Jahr noch eine Sondergenehmigung, könnte diese Praxis Schule machen, befürchten die Kritiker. 

Nordseite des Mount Everest erst ab Mai geöffnet; Kami Rita Sherpa plant 29. Besteigung

Experten erwarten die Permit-Vergabe für die Everest-Nordseite Anfang Mai. Deshalb hoffen einige Expeditionsveranstalter auf eine verlängerten Saison bis Mitte Juni, andere gehen von einem planmäßigen Abschluss zum ersten des Monats aus. Furtenbach Adventures wechsle deshalb mit einigen Teams auf die Südseite des Berges, gab der Anbieter im Blog von Stefan Nestler Auskunft. Zuletzt wurde bekannt, dass mehrere Veranstalter mit ihren Teams auf die nepalesische Südseite gewechselt waren. "Die chinesischen Behörden verzögern unser Einreisedatum immer wieder", kommentierte etwa Arnold Coster auf Instagram. 

Unterdessen stellt die nepalesische Regierung weiter Genehmigungen aus. Am 22. April waren es 364 für die Everest-Südseite, ein Rückgang von über 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Wie mehrere Medien übereinstimmend berichten, machte der nepalesische Bergführer Kami Rita Sherpa seine nächste geplante Everest-Besteigung öffentlich. Es wäre der 29. Gipfelerfolg am "Dach der Welt" für den 54-Jährigen. Gelingt die Besteigung würde der erfahrene Alpinist seinen eigenen Rekord brechen. Laut dpa befindet sich der Bergführer derzeit mit mehreren Gästen zur Akklimatisierung im Basecamp. Die erste erfolgreiche Everest-Besteigung gelang Kami Rita Sherpa im Jahr 1994 im Alter von 24 Jahren.

Keine Permits für die Shishapangma

Wie Himalaja-Experte Stefan Nestler auf abenteuer-berg.de bekannt gibt, erhielten Expeditionsanbieter einen weiteren Dämpfer: Für die 8027 Meter hohe Shishapangma, den niedrigsten der 14 Achttausender, werden diese Saison keine Permits vergeben. Nach 17 Tagen des Wartens kam die offizielle Absage seitens der Regierung. An der Shishapangma kamen 2023 bei zwei Lawinenabgängen vier Menschen ums Leben, darunter Rekordhalter Tenjen (Lama) Sherpa und zwei US-amerikanische Alpinistinnen.

Meldung vom 04.03.2024 | Neue Regelung für Bergsteiger am Mount Everest

Jedes Jahr werden mehr Bescheinigungen (Permits) für den Everest erteilt. 2023 waren es 478 allein von nepalesischer Seite. Trotz des horrenden Preises von 10.000 Euro boomt das Geschäft mit dem geführten Höhentourismus. Doch der Massenandrang führt neben Stau in der Todeszone zu mehr Unfall-, Todes- und Vermisstenmeldungen. Bergung oder Suche nach den Verstorbenen sind allerdings äußerst aufwendig, teuer und gefährlich. 

Nun reagierte die nepalesische Regierung mit einer neuen Regelung, die ab dem Saisonstart 2024 gelten soll: Alle Bergsteigerinnen und Bergsteiger, die von der nepalesischen Seite aufsteigen, müssen einen GPS-Chip mit sich führen. Zahlreiche Expeditionsanbieter würden die Tracker bereits nutzen, erklärte ein Sprecher der Tourismusbehörde gegenüber CNN.

Laut offiziellen Informationen werden die Chips 10 bis 15 Dollar (ca. 9 bis 13 Euro) kosten und sollen in die Jacke eingenäht werden. Nach der Expedition werden sie wieder entfernt und zurückgegeben. Die Behörde erhofft sich von der Maßnahme, dass verunglückte Bergsteiger schneller gefunden und Vermisstenfälle aufgeklärt werden können.

Strengere Regelungen am Everest: Tracking-Chips & Kotbeutel

Die Regelung scheint überfällig: Mehr als 600 Menschen sollen in der Frühjahrssaison 2023 von der nepalesischen Südseite den Gipfel des höchsten Bergs der Erde erreicht haben. Was Experten bei diesem hohen Menschenaufkommen vorausahnten, wurde traurige Gewissheit: 17 Personen verloren am Berg ihr Leben, zahlreiche weitere gelten als vermisst.

Nepal versucht zudem mit einer neuen Regelung, dem Müllproblem am Everest Herr zu werden. Denn der höchste Berg der Erde ist gleichzeitig die höchstgelegene Müllhalde des Planeten. Ab der beginnenden Saison sollen Alpinisten in Kotbeuteln ihre Exkremente selbst entsorgen.

1 Kommentar

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Andreas

Die Kotbeutelpflicht sollte auch im Wetterstein und für die Watzmann-Überschreitung eingeführt werden.