Know-how

So gehen Sie sicher im weglosen Gelände

Auf ausgetretenen Pfaden unterwegs zu sein, ist schön. Aber oft lockt dann doch die Tour ohne Weg. Oder man hat sich verlaufen. Wir zeigen Ihnen, was Sie beachten müssen, um auch neben dem Pfad nicht ins Schleudern zu geraten.

So gehen Sie sicher im weglosen Gelände
Gehen in weglosem Gelände ist vor allem eines – Übung, Übung, Übung.
Gehen in weglosem Gelände ist vor allem eines – Übung, Übung, Übung.

Allgemeines

Was ist überhaupt wegloses Gelände? Die Antwort scheint auf der Hand zu liegen: alles das, wo kein Weg mehr existiert. Ganz so einfach wollen wir uns die Sache aber nicht machen. Uns interessiert hier nur alpines, wegloses Gelände, in dem die Hände zum Einsatz kommen. Also Grashänge, Schotterrinnen, Geröllhalden und Mischgelände. Wer sich in diesem Gelände sicher bewegt, hat natürlich auch auf schmalen, rutschigen oder nassen Pfaden Vorteile.

Gehen in weglosem Gelände ist vor allem eines – Übung, Übung, Übung. Wer sich als Kind viel in weglosem Gelände bewegt hat, der wird sich auch später in diesem Terrain schnell sicher fühlen. Wer aber erst in fortgeschrittenem Alter dazu kommt, für den wird es immer schwerer sein.

Aber keine Angst: Auch für Einsteiger oder Wiedereinsteiger ist noch nicht Hopfen und Malz verloren. Sie brauchen vor allem eines: Geduld, ein paar Tricks und Kniffe und – wie gesagt – viel Übung.

Routenwahl

Wenn Sie bereits im Vorfeld wissen, dass Sie sich in weglosem Gelände bewegen, schauen Sie sich das Gebiet möglichst schon von weitem an. Merken Sie sich markante Orientierungspunkte, die Sie ansteuern, und legen Sie sich so gut, wie es geht, eine Route zurecht. Denn wenn Sie erst einmal mitten drin sind, ist es meist schwierig, sich zu orientieren und die Übersicht zu behalten.

Haben Sie auch ein Auge für gefährliches Terrain wie Steinschlagzonen oder Absturzgelände und meiden Sie diese Bereiche so gut wie möglich.

Körperschwerpunkt

Der Körperschwerpunkt sollte sich über den Trittflächen befinden
Der Körperschwerpunkt sollte sich über den Trittflächen befinden

Egal, auf welchem Untergrund ich mich bewege oder wie er beschaffen ist, eines gilt immer: Der Körperschwerpunkt (im Bereich des Bauchnabels) sollte sich über den Trittflächen befinden. Schnell neigen vor allem Ängstliche dazu, sich zum Hang zu neigen. Damit geht die stabile Position verloren, die Füße rutschen schneller weg. Ich werde noch unsicherer und lehne mich noch mehr zum Hang.

Auch im Abstieg gilt: Den Körperschwerpunkt über die Füße bringen. Wer sich nach hinten lehnt, rutscht schneller weg.

In sicherem Gelände sollte dies jeder einmal ausprobieren. Gerade auf festem Untergrund (Fels) sollte man einmal erfahren, wie man am sichersten steht. Wenn Sie sich nicht trauen, sollte Ihnen jemand die Hand reichen. Probieren Sie so eine bewusste Vorlage aus, gehen Sie mit dem Körperschwerpunkt über die Füße und lehnen Sie sich auch mal zurück. Wenn Sie im Stand eine gute Position gefunden haben, laufen Sie etwas herum. Versuchen Sie immer in der "guten" Position zu bleiben. Angenehmer Nebeneffekt: Sie lernen die Reibung Ihrer Sohlen kennen. Auch das hilft, mehr Vertrauen zu haben.

Fußhaltung

Nur wenn es sehr weich wird und steil, sollte man wirklich die Kanten der Schuhe einsetzen.
Nur wenn es sehr weich wird und steil, sollte man wirklich die Kanten der Schuhe einsetzen.

Nicht auf jedem Untergrund werden die Füße gleich aufgesetzt. Ist der Boden hart und griffig, setzen Sie am besten die ganze Sohle auf. Nur wenn es sehr weich wird und steil, sollte man wirklich die Kanten der Schuhe einsetzen, wenn nötig mit etwas Schwung. Viele Leute stehen viel zu früh (zu wenig steil) und im falschen Gelände (harter Untergrund) auf den Kanten und bewegen sich folglich unsicher. Auch ein unangenehmer, schotteriger Untergrund lässt sich auf der ganzen Fläche der Sohle besser meistern als auf den Kanten.

Wenn es nicht zu steil ist und der Untergrund hart, sollte immer die ganze Sohle aufgesetzt werden. Auf weichem Untergrund: Kante rein.

Ausrüstung

Wer sich in weglosem Gelände bewegt, der braucht gutes Schuhwerk. Versuchen Sie einmal, mit Ihrem Turnschuh den Sohlenrand richtig einzusetzen. Es wird Ihnen nicht gelingen. Feste, über den Knöchel reichende Wanderschuhe mit einer guten Profilsohle sind unabdingbar. Wer in feuchten Gebieten unterwegs ist, sollte wasserdichte Schuhe wählen. Ansonsten sollte die Ausrüstung dem Einsatz und der Höhe entsprechend gewählt werden. Droht ein Ausrutscher, sind langärmlige Jacken und evtl. Handschuhe von Vorteil.

Der Aufstieg

Der Aufstieg in jeder Art weglosen Geländes erfolgt meist schräg zum Hang in Serpentinen. Nutzen Sie, wenn es steiler wird, jede Art natürlicher Tritte aus. Auf Wiesenhängen können dies Graspolster sein, die möglichst nahe an der Bergseite belastet werden, im Schotter sind es etwas dickere Steine, die am günstigsten über ihrem Schwerpunkt belastet werden. Wichtig ist es, einen Rhythmus zu finden und genau zu beobachten. Anfangs ist dies unheimlich schwierig, anstrengend und verlangt viel Konzentration. Mit der Zeit merkt man die zunehmende Routine, alles wird einfacher und sicherer.

Der Abstieg

Mit dem Körperschwerpunkt über den Füßen und den Sohlen großflächig aufgesetzt steht und geht man am sichersten.
Mit dem Körperschwerpunkt über den Füßen und den Sohlen großflächig aufgesetzt steht und geht man am sichersten.

Wenngleich Wege in Serpentinen angelegt sind, ist im weglosen Gelände meist der Abstieg in Falllinie günstiger. Gehen Sie breitbeinig, zumindest hüftbreit. Beugen Sie alle beteiligten Gelenke leicht (Knie, Hüfte, Oberkörper leichte Vorlage), so haben Sie die beste Möglichkeit zu reagieren.

Nutzen Sie auch bergab natürliche Tritte. Belasten Sie die Tritte ähnlich wie bergauf nahe am Hang. Seien Sie auf Rutscher vorbereitet. Lassen Sie das Rutschen ruhig zu, werfen Sie sich nicht direkt nach hinten, wenn der Fuß etwas rutscht. Auch beim Abstieg sollte der ganze Fuß aufgesetzt werden.

Im Schotter kann man auch ganz hervorragend abfahren, solange das Geröll nicht zu groß ist. Auch dabei gilt es eigentlich nur, seine Hemmschwelle zu überwinden. Das fast gestreckte Bein wird mit der Ferse zuerst aufgesetzt, das hintere Bein aktiv nach vorne gebracht. So kommt man die Geröllfelder schnell und Kraft sparend runter. Kritisch wird es, wenn auf festem Untergrund nur eine dünne Schotterauflage liegt, dann sollte man auf das Abfahren verzichten.

Gefahren

Besondere Gefahren stellen Schrofen (fels- und grasdurchsetzte Hänge) und steile Grashänge dar. Sind diese nass, sollte man sie unter allen Umständen meiden und lieber einen Umweg in Kauf nehmen, da Felsblöcke in den Hängen nicht mehr so fest liegen und das Gras extrem rutschig sein kann.

Kritisch ist natürlich auch schlechte Sicht. Für den, der nicht genau weiß, wo er sich befindet, oder wenn das Gelände nicht absolut eindeutig und homogen ist, lauert immer die Gefahr, plötzlich vor nicht begehbaren Passagen zu stehen. Umwege und Gegenaufstiege können die Folge sein, daraus resultiert dann schnell eine absolute Orientierungslosigkeit. Deshalb bei eingeschränkter Sicht lieber auf den Wegen bleiben.

Blockgelände

Sozusagen die Königsdisziplin des Gehens in weglosem Gelände ist das Fortbewegen in Blockgelände. Wer darin geübt ist, hat seine helle Freude an den vielfältigen Bewegungen, nicht so Versierten ist es ein Graus. Gefragt sind Gleichgewicht, Koordination, Kraft und vor allem vorausschauendes Gehen. Auch ein geschultes Auge und etwas Erfahrung, welcher Stein wie belastet werden kann, sind wichtig.

Suchen Sie sich vielleicht in Pausen einer normalen Wanderung neben dem Weg oder an langen Hüttennachmittagen hinter der Hütte geeignetes Gelände und üben Sie. Gehen Sie anfangs langsam, loten Sie die Grenzen aus, vor allem die Reibung Ihrer Sohlen. Wenn das gut klappt, gehen Sie zügiger.